
Tanzmusik in der DDR
Dresdner Musiker zwischen Kulturpolitik und internationalem Musikmarkt, 1945-1961
Autor*in: Bretschneider, Simon
Reihe: Musik und Klangkultur
Jahr: 2018
Sprache: Deutsch
Umfang: 326 S.
Verfügbar
- Inhalt:
- O-Ton: »Das Nation Building war in vollem Gange« – Simon Betschneider im Interview bei L.I.S.A. Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung am 16.01.2020. 1. Warum ein Buch zu diesem Thema?Tanzmusik abseits der Nischenkultur, also als Mainstream-Phänomen, ist für den Osten Deutschlands bisher noch nicht näher untersucht worden. Das gleiche gilt für den hier betrachteten Zeitraum, die 1940er und 1950er Jahre. Dabei war und ist konventionelle Tanzmusik ein wichtiger Faktor im Prozess des Erwachsenwerdens jedes Jugendlichen. Diese Relevanz für unsere Kultur, zusammen mit der unübersehbaren Forschungslücke, inspirierten mich zu diesem Buch.2. Welche neuen Perspektiven eröffnet Ihr Buch?Ich konnte anhand vielfältiger Quellen zeigen, dass es in den unmittelbaren Nachkriegsjahren und der jungen DDR noch nicht weit her war mit einer spezifischen ostdeutschen Identität, zumindest bezogen auf die Produktion und den Konsum von Tanzmusik. Beide orientierten sich wie im Westen und schon vor dem Krieg an internationalen Trends, die vor allem von den USA und Lateinamerika ausgingen. Erst mit dem Mauerbau 1961 wurde die Entstehung zweier deutscher Staaten auch popkulturell vorangetrieben.3. Welche Bedeutung kommt dem Thema in den aktuellen Forschungsdebatten zu?Da ist natürlich einerseits die Forschung zu spezifisch ostdeutschen Mentalitäten zu nennen, die aktuell wieder neu in Fahrt kommt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert in den nächsten Jahren allein drei Promotionsstellen, die sich mit »Ostrock« beschäftigen sollen. Auch die Frage danach, wie sich Menschen über Musikvorlieben, auch bezogen auf Tanzmusik, voneinander abgrenzen, ist ein Thema, das vor allem Kultursoziologen seit einigen Jahren wieder vermehrt umtreibt.4. Mit wem würden Sie Ihr Buch am liebsten diskutieren?Ich habe das Buch auch geschrieben, um den Diskurs über ostdeutsche Identitäten zu bereichern. Ich freue mich, wenn es bei Zeitzeugen Erinnerungen wachruft und deren Kindern ein Stück Heimat näherbringt. Natürlich interessieren mich außerdem Forschungsvorhaben, die in eine ähnliche Richtung schauen, aber andere Bereiche (wie Volksmusik oder Musical) und Orte untersuchen (in der DDR, aber auch in mittel-, ost- und südosteuropäischen Staaten, welche im 20. Jh. kommunistisch regiert wurden).5. Ihr Buch in einem Satz:Deutscher Swing, Rock'n'Roll und Schlager der 1940er und 50er Jahre, sowie deren Prägung durch bürgerliche und diktatorische Kulturpolitik. In der frühen DDR changierte Tanz- und Unterhaltungsmusik zwischen Schlager, Swing und Rock 'n' Roll. Gleichzeitig verfolgten Partei und Staat die kulturpolitische Strategie, internationalen Musiktrends eine sozialistische, nationale Alternative gegenüberzustellen. Simon Bretschneider analysiert sowohl die bürgerliche Prägung und permanente Westorientierung dieses Diskurses wie auch die Versuche der Musikkapellen und Fans, die staatlich gesetzten Zwänge zu boykottieren. Am Beispiel der Stadt Dresden zeigt er, was für den gesamten Osten Deutschlands in den 1950ern zutreffen dürfte: Gegen den internationalen Musikmarkt hatte auch diktatorische Politik keine Chance.
Simon Bretschneider, geb. 1977, ist Musikwissenschaftler und forscht zum Verhältnis von Populärer Musik und Politik.
Titelinformationen
Titel: Tanzmusik in der DDR
Reihe: Musik und Klangkultur
Autor*in: Bretschneider, Simon
Verlag: transcript Verlag
ISBN: 9783839445631
Kategorie: Sachmedien & Ratgeber, Musik, Nachschlagewerke
Dateigröße: 5 MB
Format: PDF
Max. Ausleihdauer: 21 Tage